Bunker now #1

M.A.D. (MUTUALLY ASSURED DESTRUCTION)

JULIA BIASI

Bunker now #1

Eröffnung: 24.10.2015
Dauer der Ausstellung: 25.10. – 19.12.2015
Ort: BUNKER Nr. 2 nahe Haselburg, Bozen

M.A.D. findet in einem verlassenen Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg statt, der als Teil von Mussolinis Alpenwall in den frühen 1940er Jahren errichtet wurde. Seine ursprüngliche Funktion als militärisches Gelände hat Biasi dazu veranlasst, in ihrer Arbeit aus Video und Skulpturen die systematische Beziehung zwischen Krieg und Wirtschaft zu hinterfragen.

Die Künstlerin hat in Zusammenarbeit mit Markus Joos Raketenskulpturen aus weißem Laaser Marmor und 30mm-Durchmesser-Patronenhülsen hergestellt. Diese Munition wurde im Irakkrieg, aber auch im Jugoslawienkrieg bereits verwendet. Die Wahl des Materials ist nicht zuletzt ein Verweis auf die Hintergründe und die Rolle von Marmor in bedeutsamen Bauwerken von nationalem Interesse. Einer der größten Shareholder des berühmten Carrara-Marmors ist die Familie Bin Laden. Laaser Marmor und Carrara-Marmor wird in maßgeblichen architektonischen Projekten weltweit verwendet, etwa beim Bau der Shikh Zayed Moschee in Abu Dhabi, die im Auftrag der Saudischen Königsfamilie errichtet wurde; oder im Peace Memorial in Washington DC, das von der amerikanischen Regierung in Auftrag gegeben wurde. Biasis Skulpturen setzen sich mit kursierenden 9/11-Verschwörungstheorien auseinander und nehmen so auch Bezug zum makropolitisch-ökonomischen Beziehungsgeflecht zwischen internationalen Konflikten und privaten Geschäftsinteressen.

Ästhetisch erinnern die phallischen Raketen an das Schönheitsideal der Skulpturen der italienischen Renaissance. Die Künstlerin erläutert die Beziehung zwischen Begierde und Krieg, die bereits durch die bloße Leuchtkraft des Oberflächenmaterials der Skulpturen deifiziert werden. Die Verbindung zwischen Geschlechtstrieb und Gewalt wird auch in der surrealistischen Videoarbeit M.A.D. untersucht. Das Video besteht aus einer rasanten, halluzinatorischen Abfolge von Bildern, die uns als Nebenprodukt unseres kollektiven Bewusstseins sofort vertraut erscheinen. Formal ist das Video von jenem Phänomen inspiriert, das wir als Erfahrung von Überlebenden von Nahtod-Erfahrungen kennen, die davon berichten, dass das ganze Leben wie in einem Zeitraffer an einem vorüberzieht. Diese Erfahrungen wurden häufig als zunächst erschreckend, später jedoch hilfreich empfunden, um die eigenen Verhaltensmuster zu durchblicken und unter Umständen einen echten Neuanfang zu machen. Mit M.A.D. realisiert Julia Biasi eine solche „Lebensrückblende“ für die breite Öffentlichkeit, eine imaginäre Vorstellung, die uns Gelegenheit zur kollektiven Hinterfragung und Auseinandersetzung gibt.

JULIA BIASI
geb. 1980 Meran, Multimedia-Künstlerin, lebt und arbeitet in Brooklyn, New York. In ihren Arbeiten setzt sie sich mit der sozio-politischen Situation unserer Gesellschaft auseinander, indem sie unhinterfragte Vorstellungen und Begebenheiten durch die Linse des ursprünglichen sexuellen Verlangens filtert. Biasi hat die Kunstschule in St. Ulrich in Gröden besucht und studierte Fine Art Practices an der Central Saint Martins, London. Aktuelle Ausstellungen umfassen unter anderem Make it Big, Make it Red, Put a Crown on It in der Catinca Tabacaru Gallery, New York, USA; Triennala Ladina im Museum Ladin; Gadertal; Reflections on Metadata im Projektraum Baeckerei Wimmer, Wien, Österreich; A Convenient Death in Vacant Galleries, Wien, Österreich; Stock exchange in Dreieck Studio, Wien, Österreich.